Schwachsinn Performance-Kunst

Vor einigen Jahren stellten sich die Performance-Künstlerin M. Abramovic und ihr Partner nackt gegenüber auf, so dass nur ein schmaler Spalt zwischen ihnen bestand, durch den man hindurch gehen sollte oder konnte. Viele gingen hindurch und streiften dabei die Körper der beiden so wie man wohl auch zwischen zwei nahe nebeneinander parkenden Autos hindurchgehrt. Ich sage dies so ein bisschen provozierend, weil mich das Ganze an den gleichen Schwachsinn erinnerte, den Mahatma Gandhi einst veranstaltete. Die beiden Performace-Künstler wollten wohl bei ihren Passanten ein besonderes Gefühl, ein seltsames Erlebnis, einen eigenartigen psychologischen Effekt erzielen, an den man sich wahrscheinlich noch lange erinnern können sollte. Performance-Kunst will ja etwas bewegen, und zwar mehr bewegen als schlichte bildende Kunst oder Film und Fernsehen. Und um etwas Ähnliches ging es auch bei Gandhi.

 

Gandhi wollte zeigen, wie asketisch er ist, und ließ sich dazu eine Nacht lang zwischen zwei nackte Mädchen legen. Am Morgen berichtete er stolz, dass er keine von beiden berührt und auch keinen großen Antrieb dazu verspürt hätte. Wie lächerlich, wie schwachsinnig, glauben zu können, dass solche eine künstlich geschaffene und nicht sehr lange andauernde Situation ein besonderes Asketentum bescheinigen würde. Gandhis Wunsch, seine psycho-physische Kraft zu demonstrieren war hundertmal größer als jedes sexuelle Verlangen, das er sich zudem ja auch noch jederzeit mit irgendeinem Hindumädchen hätte besorgen können, wann immer er wollte. Dieses mehr als kindlich-alberne Denken kennzeichnet jedoch auch heute noch mache konservative, rechtspopulistische Menschen, während es bei M. Abramovic um die libertinistischen Linken geht, die alles toll finden, was außenseiterisch, sexualbezogen oder sonst irgendwie neokultisch ist.

Es handelt sich immer um äußerliche Aufmachungen, links oder rechts, die vom wirklichen Inneren absolut nichts zeigen. Im Gegenteil, die Betrachter sollen in Auf- oder Er-regung verfallen, und damit ist das Ganze vorbei. Was viel mehr auf- oder erregt ist jedoch, dass keiner etwas über den Blödsinn sagt, darüber lacht oder mitleidig zu den Performance-Künstlern (und Gandhi war hierin ganz besonders stark) eine Bemerkung macht. Die Gesellschaft erfindet immer neue Plattitüden solcher Art, womit ich nicht sagen will, dass es früher besser war. Die Wichtigtuereien in Politik und im Bereich des ‚Kultürlichen‘ waren immer schon groß. Mit seinem Innersten konnte man auch früher schon nicht so umgehen, dass man es zu wirklichen, wahrheitsfördernden Enthüllungen gebracht hat. S. Freud hatte in seiner Selbstanalyse vieles von sich preisgegeben und doch gleichzeitig eine großartige Wissenschaft kreiert. Das sollte Vorbild sein.